An diesem Abend laufen einem spielende Kinder über den Weg, gekleidet in historischen Kostümen und sie rufen sich zu: „Eala frya Fresena“. Sie laufen durch die engen Gassen des Dorfes und verstecken sich mal hier, mal da in den Büschen der kleinen Gärten, die die Bauerkaten aus dem 18. Jahrhundert zieren. Dann rennen sie weiter, entlang altertümlich gestalteter Zelte und Buden und bleiben vor einer großen Scheune stehen. Das kleine Dorf an der ostfriesischen Küste, unweit des Dollart, ist zurück im Mittelalter und neben den Kindern feiern auch Handwerkskünstler, wie sie aus jener Zeit bekannt sind, mit den Gästen auf einem großen Mittelaltermarkt.
Im Jahr 1457 dürfte die Bewohner mit gleichem Elan gefeiert haben. Zur Zeit der Herrschaft der ostfriesischen Häuptlinge hatten es die Rysumer Bauern nämlich gewagt, ihre alte Dorfkirche mit einer Orgel des Groninger Orgelbaumeisters Harmannus auszustatten. Weil dies gegen den Widerstand der Obrigkeit geschah, spielte sich Monate vor der Einweihung ein ganz besonderes Drama ab, welches bis heute von Generation zu Generation überliefert wurde.
Uraufführung in der alten Kirche Rysum
Aus den Erzählungen, vor allem aber aus Recherchen in alten Archiven, die der Regisseur Werner Zwarte ein halbes Jahr lang betrieb, entstand ein spannendes Theaterstück. Im Rahmen des Festwochenendes zur 555 Jahresfeier wurde es von rund 100 Laiendarstellern soeben uraufgeführt. Als Kulisse dient die alte Scheune Rütten und die Kirche Rysum. Noch bis zum 15. Juli kann das Stück ‚555‘ in Rysum angeschaut werden.
Die Darsteller kommen von der Ländlichen Akademie Krummhörn und des Jugendtheaters der Stadt Emden ‚Die Rampe‘. Etwa ein halbes Jahr haben sie geprobt, wurden die Kostüme genäht und die überlieferten Fakten der Dramaturgie angepasst. So ist das Theaterstück auch ein Versuch, die wahren Hintergründe zu finden. Bis heute ist das eigentliche Motiv für den Erwerb der Orgel nicht aufgeklärt. Da eine Orgel zu jener Zeit noch nicht zur Ausstattung einer Kirche gehörte, vermuten Historiker, dass dies ein Versuch der Bauern war, sich gegen Kirche und Häuptlingsherrschaft aufzulehnen.
Termine und Kontakt:
‚555 – Eala frya Fresena – Die Friesische Freiheit‘ ist ein Kooperationsprojekt der Ländlichen Akademie Krummhörn mit der ‚Rampe‘ Emden.
Gespielt wird in der Scheune Rütten und in der Kirche Rysum jeweils um 20.00 Uhr. Termine sind der 6./7./8. Juli sowie der 10./11. und 13./14./15. Juli.
Karten sind erhältlich im Kulturbüro Emden, Moltz Marienhafe und Schreibwaren Eckmann in Pewsum. Kosten: 15 Euro.